Rathaus
Rat geben - Rat nehmen
Die älteste Überlieferung einer Urkunde, von Rat und Bürgermeister zu Stollberg, stammt aus dem Jahr 1440.
Das Ratskollegium setzte sich aus einem „regierenden“ und einem „ruhenden“ Bürgermeister zusammen, die einander jährlich abwechselten. Ab dem 16. Jahrhundert kamen 5 Ratsherren und ab dem 18. Jahrhundert 10 Ratsverwandte hinzu. Die Tätigkeit im Ratskollegium galt als Ehrenamt. Zum Rat gehörten weiterhin der Stadtschreiber, der Kämmerer und der Stadtrichter.
Das heutige Amtsgericht war über viele Jahrhunderte hinweg das Rathaus der Stadt.
Stollberg fiel in den vergangenen Jahrhunderten wiederholt großen Stadtbränden zum Opfer. So brannten beispielsweise die Holck’schen Truppen am 5. August 1633 die Stadt nieder. Vom Rathaus blieben nur die Außenmauern stehen.
Nach Beendigung der nötigsten Bauarbeiten konnten die Amtsgeschäfte 1634 wieder aufgenommen werden. Doch im Laufe der Zeit zeigte sich eine bedrohliche Baufälligkeit in Form von breiten Rissen am Gebäude.
In einer Nachricht vom 23. Januar 1692 heißt es:
„…der Aufenthalt im Rathaus unter Lebensgefahr, dessen Ruin alle Augenblicke zu vermuthen ist. Sobald die Kälte nachläßt, soll man mit dem Abtragen beginnen.“
So begann man noch 1692 mit dem Neubau eines Rathauses an gleicher Stelle. Am 15. Mai 1700 wurde das 2. Stollberger Rathaus durch Amtmann von Grillenberg eröffnet. Doch reichlich 100 Jahre später, am 4. September 1809, brannte auch dieses Rathaus bei einem verheerenden Stadtbrand nieder. Am 9. Mai 1812 wurde der Grundstein für ein drei Baustellen umfassendes, neues Rathaus gelegt, das bereits ein Jahr später eingeweiht werden konnte.
Durch einen Vertrag vom 30. Mai 1850 erwarb der Königlich-Sächsische Staatsfiskus das Gebäude des Rathauses „zur Errichtung eines collegialischen Bezirksgerichtes in der Stadt Stollberg“. Bei einem Um- und Anbau im Jahre 1852 erhielt das Gebäude seine jetzige Gestalt.
Die Amtsgeschäfte des Rates wurden in den nächsten Jahren im ehemaligen Preiß-Gut am Markt geführt, das als Rathaus umgebaut und mit einem Turm versehen worden war.
Schon bald reichte der Platz für die Verwaltung der aufstrebenden Stadt nicht mehr aus. Am 5. November 1886 wurde auf einem Grundstück an der Oberseite des Marktplatzes der Grundstein für einen erneuten Rathausneubau gelegt. Das Gebäude wurde nach preisgekrönten Entwürfen der Architekten Härtel und Neckelmann, durch den Stollberger Baumeister Baurat Carl Albin Uhlmann errichtet.
Am 19. Oktober 1887 konnte der anmutige Klinkerbau mit seinen vielfältigen Sandsteinverzierungen als Rathaus geweiht werden. Das Gebäude ist ein Repräsentant des Jugendstils und bestimmend für den architektonischen Gesamteindruck des Stollberger Hauptmarktes.

Ansicht des Stollberger Marktplatzes Anfang des 19. Jahrhunderts.
Das Preiß-Gut, links im Bild (mit Turm) diente bis zur Einweihung des heutigen Rathauses im Jahre 1887 als Rathaus und wurde 1888 abgerissen.
Das heutige Rathaus steht auf dem Platz des im Bild rechts zu sehenden Gebäudes.
Epitaph des ersten Stollberger Rathauses
Im Inneren des heutigen Amtsgerichtes befinden sich mehrere Epitaphtafeln sowie Reste des Portals vom vermutlich 1. Stollberger Rathaus, welches 1633 abbrannte.
Das Portal trägt die Jahreszahl 1599. Eine Epitaphtafel im Treppenaufgang des Amtsgerichtes zeigt ein Wappen in Schildform mit zwei gekreuzten Schwertern und die Jahreszahl 1564.

Epitaph des zweiten Stollberger Rathauses
Die Tafel stammt aus dem zweiten 1692 errichteten Stollberger Rathaus und erinnert an die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, als 1633 das erste Stollberger Rathaus von einfallenden Truppen niedergebrannt wurde.
Die genannten Stollberger Bürger haben sich bei der Wiedererrichtung des zweiten Rathauses verdient gemacht.
Der Text lautet:

„Mit göttlicher Gnade unter der allermildesten Herrschaft Johann Georg IV. Churfürst von Sachsen des Frommen, Tapferen, Großmütigen, des Vaters des Vaterlandes, hat das Stollberger Rathaus, welches beim Einfall der Hölkschen Krieger verbrannt und elendiglich zerstört worden war, die Fürsorge der Bürgermeister und Ratsmänner Johann Friedrich Hökner, Johann Georg Trefurt, David Dietze, Daniel Göthe, Friedrich Blüher, Christoph Vogel, Adam Zickler, David Hökner und Friedrich Meißner wieder hergestellt.
Anno 1692″