Rathaus
Rat geben - Rat nehmen
Die älteste Überlieferung einer Urkunde, von Rat und Bürgermeister zu Stollberg unterzeichnet, stammt aus dem Jahr 1440. Das Ratskollegium setzte sich aus einem „regierenden“ und einem „ruhenden“ Bürgermeister zusammen, die einander jährlich abwechselten. Ab dem 16. Jahrhundert kamen 5 Ratsherren und ab dem 18. Jahrhundert 10 Ratsverwandte hinzu. Die Tätigkeit im Ratskollegium galt als Ehrenamt. Zum Rat gehörten weiterhin der Stadtschreiber, der Kämmerer und der Stadtrichter.
Die Bürgerschaft hatte auf Entscheidungen des Rates kaum Einfluss. Ihre Interessen vertraten die vier Viertelmeister (2 Tuchmacher und 2 Leineweber als Vertreter der wichtigsten Handwerkerzünfte). Die Vorsteher der 4 Stadtteile hatten verschiedene Kontrollfunktionen, unter anderem die Überprüfung der Märkte und des Handels, die Abnahme von Feuerstätten in Wohnungen und die Prüfung der Rechnungen der Stadtkämmerei. Die Vertretung der Bürgerschaft durch Viertelmeister wurde erst im Jahre 1836 von Stadtverordneten abgelöst
Das heutige Amtsgericht war über viele Jahrhunderte hinweg das Rathaus der Stadt. Leider lässt sich heute nicht mit Gewissheit sagen, wann das erste Stollberger Rathaus errichtet wurde.
Stollberg fiel in den vergangenen Jahrhunderten wiederholt großen Stadtbränden zum Opfer. So brannten beispielsweise die Holck'schen Truppen am 5.8.1633 die Stadt nieder. Vom Rathaus blieben nur die Außenmauern stehen. Reste des Portals, mit der Jahreszahl 1599, und ein Wappenstein mit Kursächsischem Wappen aus dem Jahr 1564, sind erhalten geblieben und heute noch im Amtsgericht zu sehen.
Nach Beendigung der nötigsten Bauarbeiten konnten die Amtsgeschäfte 1634 wieder aufgenommen werden. Doch im Laufe der Zeit zeigte sich eine bedrohliche Baufälligkeit in Form von breiten Rissen am Gebäude.
In einer Nachricht vom 23. Januar 1692 heißt es:
"...der Aufenthalt im Rathaus unter Lebensgefahr, dessen Ruin alle Augenblicke zu vermuthen ist. Sobald die Kälte nachläßt, soll man mit dem Abtragen beginnen."
So begann man noch 1692 mit dem Neubau eines Rathauses an gleicher Stelle. Eine erhalten gebliebene steinerne Tafel, die im Eingangsbereich des Amtsgerichts angebracht ist, erinnert an den Baubeginn.
Am 15. Mai 1700 wurde das 2. Stollberger Rathaus durch Amtmann von Grillenberg eröffnet. Doch reichlich 100 Jahre später, am 4. September 1809, brannte auch dieses Rathaus bei einem verheerenden Stadtbrand nieder. Am 9. Mai 1812 wurde der Grundstein für ein drei Baustellen umfassendes, neues Rathaus gelegt, das bereits ein Jahr später eingeweiht werden konnte.
Durch einen Vertrag vom 30.5.1850 erwarb der Königlich-Sächsische Staatsfiskus das Gebäude des Rathauses "zur Errichtung eines collegialischen Bezirksgerichtes in der Stadt Stollberg". Bei einem Um- und Anbau im Jahre 1852 erhielt das Gebäude seine jetzige Gestalt.
Die Amtsgeschäfte des Rates wurden in den nächsten Jahren im ehemaligen Preiß-Gut am Markt geführt, das als Rathaus umgebaut und mit einem Turm versehen worden war.
Schon bald reichte der Platz für die Verwaltung der aufstrebenden Stadt nicht mehr aus. Am 5. November 1886 wurde auf einem Grundstück an der Oberseite des Marktplatzes der Grundstein für einen erneuten Rathausneubau gelegt.
Das Gebäude wurde nach preisgekrönten Entwürfen der Architekten Härtel und Neckelmann, durch den Stollberger Baumeister Baurat Carl Albin Uhlmann errichtet.
Am 19. Oktober 1887 konnte der anmutige Klinkerbau mit seinen vielfältigen Sandsteinverzierungen als Rathaus geweiht werden.
Das Gebäude ist ein Repräsentant des Jugendstils und bestimmend für den architektonischen Gesamteindruck des Stollberger Hauptmarktes.