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Die Stollberger Walkmühle Schild

Die Walkmühle

Das Walkmühlengrundstück dürfte zu den ältesten Gewerbegrundstücken Stollbergs gehören. Seinen Namen verdankt es der Tuchmacher-Innung, die ihre gewebten Tücher in die Walkmühle brachten, wo sie dank des Wasserradantriebes gewalkt – also weich gemacht – werden konnten. Bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts war die Mühle in Betrieb. 1864 meldete ein neuer Besitzer, Samuel Traugott Amen das Gewerbe als Tuchbereiterei an. 1866 folgte der Umbau der Mühle und 1872 wurde das Gebäude durch einen Brand zerstört. 1873 beantragte Gustav Simon den Bau einer Schneidemühle. Ab 1902 gehörte das Grundstück Georg Petzold. Am 18.05.1919 kaufte der Gerbermeister Alfred Bergel das Anwesen und im Sommer 1919 begann nach umfangreichen Bauarbeiten eine Gerberei ihre Arbeit. Für Stollberg war Alfred Bergel konkurrenzlos. Das Geschäft wurde ein Erfolg.

Doch der Zweite Weltkrieg setzt dem ein jähes Ende. Von 1942 an stand die Gerberei still. Während des Krieges konnten weiterhin Felle und Häute aufgekauft werden, die von staatlichen Erfassungsstellen abgeholt, abgerechnet und bezahlt wurden. Das war in dieser Zeit sein bescheidener Lebensunterhalt. Dann starb seine Ehefrau, was ihn noch dazu einen herben Schlag versetzte. Seine Tochter Eleonore führte ihn den Haushalt und im August 1949 heiratete sie den Drogisten Max Rudolph.

Als Herr Bergel am 09.02.1953 starb, bekam Eleonore Rudolph die Gewerbe-Genehmigung zur Weiterführung des bestehenden Handels. Der Gewerbeschein als Gerberei wurde gelöscht, und da die Gewerberäume bei Erlöschen eines Gewerbes der behördlichen Lenkung unterlagen, wurden sie weitervermittelt. Auf dem Amt für Gewerbe wurde dann die Idee geboren, eine Lohnmosterei einzurichten. Die Abwelkpresse der Gerberei war bereits zu einer Korbpresse umfunktioniert worden, um die eigene Apfelernte zu Saft zu verarbeiten.

Zuerst arbeitete Herr Rudolph zur Zeit der Apfelernte freitags, sonnabends und sonntags bis in den November hinein. 1955 besuchte er einen Süßmosterlehrgang. Um Mitglied in der Genossenschaft des Nahrungs- und Genussmittelhandwerks werden zu können, stellte er den Antrag auf die Gewerbegenehmigung auf seinen Namen, die er im Frühjahr 1957 erhielt. Seine Frau gab die Genehmigung auf und wurde mithelfende Ehefrau.

Im Herbst 1960 musste er vorübergehend wegen „Überfüllung“ seine Obstannahme schließen. Da er dies per Inserat bekannt gab, wurde er im ganzen Kreis bekannt und konnte fortan nur unter Terminvergabe arbeiten, die seine Frau vergab. Bald war der Privatbetrieb angewachsen auf sechs Beschäftigte und das Inhaberpaar.

In den 70er Jahren brach das Wasserrad zusammen und Herr Rudolph bat beim Rat des Kreises um Maßnahmen zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung. Als Antwort darauf wurde ihm die Aufhebung des Denkmalschutzes über das Anwesen und die Mitteilung zugesandt, dass die vorhandene Lohstampfe zur Überführung in die Knochenstampfe nach Dorfchemnitz als Leihgabe abgeholt würde. Die frei werdende Radkammer sollte nun Apfelsilo werden, doch die Hürden der Bürokratie waren im Moment stärker und fast wäre es das Aus für den Betrieb gewesen, wenn nicht Hilfe vom Leiter der örtlichen Versorgungswirtschaft gekommen wäre. Eine reiche Apfelernte war zu erwarten und deshalb war man auf alle obstverarbeitenden Betriebe angewiesen.

Plötzlich war es dem Rat des Kreises „sehr daran gelegen“, dass die Dienstleistung für die Bevölkerung nicht ausfiel. Sogar Hilfestellung wurde versprochen. Nach Ablauf der Saison 1983 wurde auf einmal fast alles genehmigt, was vorher abgelehnt wurde. Sogar steuervergünstigte Investitionskredite bekam Herr Rudolph. Ab 01.07.1989 durfte er seinen Sohn als Teilhaber in den Betrieb aufnehmen. Mit der Wende kam auch für die Süßmostereien eine schwere Zeit. Es gab ein Überangebot an Säften, davon viele in Wegwerfverpackungen. Es kam zu Schließungen, besonders die größeren DDR-Betriebe waren zuerst betroffen. Da die individuelle Tätigkeit der kleinen Lohnmostereien für die Großbetriebe nicht durchführbar ist, bleibt sie den kleineren Betrieben erhalten.

Es wurde eine neue Abfüllanlage installiert. Der Dampfkessel wird nicht mehr mit Braunkohle betrieben, sondern von einer Ölfeuerung abgelöst. 1993 starb die Frau von Herrn Rudolph, die Besitzerin der Walkmühle. 1996 schied Herr Rudolph aus der GbR aus und sein Sohn Frieder, der seit 30 Jahren mit tätig ist, übernahm die Verantwortung über die Mosterei. 1996 kaufte er die benachbarten „Stadthäuser“ und lässt sie abreißen. Der freigewordene Platz wird für Garagen und als Unterstellplatz für Hänger und dergleichen genutzt.

Herr Rudolph ist seinem Handwerk auch bis heute treu geblieben und hilft tatkräftig weiter mit. Ihm ist die Freude an der Arbeit anzusehen.

Walkteichgelände mit Walkmühle früher
Walkteichgelände früher
Walkmühle heutige Ansicht
Walkmühle heutige Ansicht